Ein Gastbeitrag meines Schülerpraktikanten Finn Brockschmidt.

Es steht außer Frage, dass ein gutes Bildungssystem die Grundlage, sowohl von gesellschaftlichem Wohlstand, aber auch einer funktionierenden und intakten Gesellschaft ist. Es drängt sich die Frage auf, ob diese Grundlage überhaupt gegeben ist? Haben wir ein gutes Bildungssystem?

Um dieser Frage nachzugehen, betrachtet man zunächst die aktuelle Situation an Schulen. Hier reichen die Probleme von veraltetem Lehrmaterial, über so marode Gebäude, dass diese sogar als einsturzgefährdet gelten, bis hin zum puren Desinteresse von Schülerinnen und Schülern überhaupt etwas für ihre eigene Bildung zu tun. Hinzu kommt das allseits bekannte und bald schon ermüdende Thema des Lehrkräftemangels. Gründe dafür sind eine Bezahlung, die weit unter dem gerechten Lohn dafür liegt, was Lehreinnen und Lehrer tagtäglich leisten, mangelnde Wertschätzung oder auch das Arbeiten in einem technikfernen Beruf.

Der Mangel an Interesse der Schülerinnen und Schüler ist, entgegen dem Glauben mancher, nicht deterministisch. Ganz im Gegenteil, es ist das Produkt von mangelnden oder fehlgeleiteten Investitionen in das Schulsystem und damit in die Zukunft dieses Landes. Ich höre bereits die ersten Aussagen, die darauf hinweisen, dass es ein Luxus sei Veranstaltungen für die Berufswahlorientierung angeboten zu bekommen. Allerdings kratzen diese nur an der Oberfläche der einzelnen Berufsfelder, Ausbildungsplätze oder Studiengängen und ermöglichen somit nicht den Einblick der notwendigen Tiefe. Außerdem sind diese Beiträge häufig in Form einer 90 bis 180-minütigen Frontalpräsentation strukturiert, die in ihrer Ödnis und Eintönigkeit kaum zu überbieten sind. Es scheint, als würde der Glaube vorherrschen, dass ein Schüler mit einer immensen Informationsflut umgehen könne. Schlimmer als dieser Irrglaube ist die Tatsache, dass aufgrund der enormen Größe dieser schlichten und irrationalen Informationsflut die Schülerinnen und Schüler dazu gezwungen sind, sich in das beschützende Boot der resignierenden Tatenlosigkeit zu flüchten.

Allerdings ist diese Informationsflut nicht der einzige Grund für das Desinteresse an der eigenen Bildung. Denn auch bei der Infrastruktur besteht ausreichend Handlungs- und Finanzierungsbedarf. Zu dieser Infrastruktur, welche entweder nicht vorhanden oder in einem außerordentlich schlechten Zustand ist, zählen sowohl die Schulgebäude an sich, als auch die digitale Ausstattung. Beim Betreten eines Schulgebäudes fällt schnell auf, dass kaputte Fenster, nicht schließende Türen und teilweise sogar einsturzgefährdete Gebäude Alltag sind. Und bekanntermaßen sieht es bei der Ausstattung mit digitalen Geräten nicht gerade besser aus. Noch vor der Corona-Pandemie war das höchste der Gefühle in Sachen halbwegs funktionierenden Geräten der Overheadprojektor (OHP). Der erste Overheadprojektor wurde 1960 auf den Markt gebracht. Vereinzelt konnte man defekte Smartboards und Beamer finden. Aber jetzt, nachdem man die Erfahrungen des Homeschoolings hat, sieht es ja bestimmt besser aus. Schön wär´s, denn OHPs sind weiterhin Alltag, defekte Smartboards wurden demontiert und nur punktuell ersetzt. Und ja, pro Klasse arbeiten mittlerweile 30 Prozent digital. Entweder mit dem Laptop oder dem iPad. Allerdings wird davon nur genau eines von der Schule beziehungsweise dem Land finanziert – das Gerät der Lehrperson. Die anderen kaufen sich diese privat. Wieder andere sind ganz ohne Gerät. Außerdem kann das Potenzial dieser Geräte nicht ausgeschöpft werden, da es entweder kein oder ein für Schülerinnen und Schüler nicht zugängliches WLAN gibt.

Von dem Lehrmaterial braucht man sich nicht viel erhoffen. Die meisten Schulbücher sind noch von vor mindestens 20 Jahren. Für Fächer wie Deutsch oder Englisch mag das kein großes Problem sein, aber in sowohl naturwissenschaftlichen als auch gesellschaftswissenschaftlichen Fächern ist es kontraproduktiv, sich mit veralteten und teilweise sogar als falsch erwiesenen Theorien zu befassen.

Es wird deutlich: Das Schulsystem braucht Reformen und Investitionen. Denn die Zukunft hängt von der Bildung der jetzigen und auch der kommenden Generation ab.

Eine kleine, aber durchaus wichtige Schraube, an der zu drehen ist, ist der Lehrkräftemangel, da besonders in NRW ein großer Bedarf an Lehrpersonal besteht. Nicht selten fällt in den Unterstufen Unterricht aus, da es keine Lehrerinnen und Lehrer gibt, die die erkrankte Lehrkraft vertreten können. Andere Kurse kommen nicht zustande, weil die Schule für dieses Fach nicht genügend Personal zur Verfügung hat. Selbstverständlich sollte man bei der Ausbildung auf die Fachkompetenz großen Wert legen, jedoch ist die Motivationsfähigkeit und das generelle Erlernen der richtigen Kommunikation mit der Schülerschaft nicht zu vernachlässigen, da diese Faktoren elementar für ein gutes Lernklima, motivierte und auch lernbereite Schülerinnen und Schüler sind.

Eine etwas langwierigere Aufgabe, die trotzdem dringend angegangen werden muss, ist die Digitalisierung. Ja, die Digitalisierung ist nicht nur teuer, sondern auch zeit- und kraftaufwendig. Der Grund dafür ist die enge Verknüpfung der Beschaffenheit der Gebäude mit der digitalen Infrastruktur. Häufig sind die Gebäude so alt, dass es keinen Glasfaseranschluss gibt. Um die notwendigen Kabel jedoch zu verlegen, muss man entweder den langwierigen und provisorischen Weg nehmen, der wiederum nicht gerade günstig ist. Oder man reißt das Gebäude ab und setzt auf Neubauten mit einer von Grund auf verbesserten digitalen Infrastruktur. Allerdings wird man dann vor ein neues Problem gestellt. Wo soll dann der Unterricht stattfinden? Die Antwort darauf lautet häufig – in Containern. Diese Container sind im Winter schwer zu beheizen und auch im Sommer schlecht zu kühlen. Kein optimaler Platz um eine gute Lernatmosphäre für mehrere Jahre zu schaffen. Hinzukommt das Platzproblem, das die Schulen, die in dichtbesiedelten Innenstädten gelegen sind, zu bekämpfen haben. Denn häufig gibt es keinen anderen Platz für eben diese Container als den eigenen Schulhof, welcher eigentlich für die Betätigung in den Pausen gedacht ist.

Das sieht zunächst nach einer sehr dunklen und ernüchternden Zukunft aus. Aus meiner Sicht ist der Neubau von Schulen der richtige Weg. Natürlich sind Neubauten kosten- und zeitintensiv. Aber wenn diese Gebäude erst einmal fertiggestellt sind, hat man die kompliziertesten Probleme der Bildungspolitik bereits gelöst. Man bräuchte keine Gedanken mehr an marode Gebäude und die stockende Digitalisierung verschwenden. Hoffnung gibt der geplante Baustart der Gesamtschule in Röttgersbach, die für 2026 zu eröffnende Gesamtschule Mitte/Süd in Wanheimerort, sowie die Erweiterung der Abtei-Grundschule um einen Neubau. Die Kraftanstrengungen sind und bleiben groß. Duisburg ist auf einem guten Weg.