Ein Gastbeitrag meines studentischen Praktikanten Jannik Neuhaus

Sicherheit oder Freiheit? Wenn man sich den geplanten Gesetzesentwurf der Landesregierung bezüglich der Verschärfung des Polizeigesetzes in Nordrhein-Westfalen anschaut, wirft sich genau diese Frage auf. Wird hier Freiheit zu Gunsten von Sicherheit eingeschränkt und wie ernst steht es um die Sicherheitslage in NRW wirklich?

Daher müssen folgende Punkte in den Vordergrund gerückt werden: Erstens, ob das neue Polizeigesetz die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger nach mehr Sicherheit befriedigt, zweitens mehr Sicherheit gewährleistet oder die bestehende Rechtslage ausreicht und drittens, ob es vertretbar ist, den Menschen Freiheit zu entziehen, um ihnen ein besseres Sicherheitsgefühl zu geben.

So ist es wichtig herauszustellen, dass es seit der Flüchtlingsbewegung 2015, aber spätestens seit den Terroranschlägen in Paris, London und Berlin sowie der Kölner Silvesternacht die Angst vieler Bürgerinnen und Bürger gibt, dass die öffentliche Sicherheit nicht länger gewährleistet ist.

Im Zuge dessen versucht die Landesregierung NRW die Angst vor schwindender Sicherheit dadurch zu bekämpfen, dass sie das Polizeirecht verschärft. Maßnahmen wie stärkere öffentliche Überwachung, Fußfesseln und Schleierfahndung sollen dazu beitragen, dass das Sicherheitsgefühl der Menschen in NRW erhöht wird.

Bezüglich der Frage, ob die geplanten Änderungen überhaupt dazu beitragen, dass die Sicherheit des Landes Nordrhein-Westfalen gewährleistet oder ob die bestehende Rechtslage dazu ausreicht, kann man sich unter anderem die Aussagen des Rechtswissenschaftlers Clemens Arzt anschauen. Dieser sagt, dass die geplanten Maßnahmen das Potenzial hätten, die Kriminalität und Terrorgefahr zu bekämpfen, sie aber durch die geplanten Änderungen des Polizeirechts in einem ganz anderen Sinne eingesetzt werden. Gemeint ist damit, dass die Polizei immer mehr die Aufgaben der Nachrichtendienste übernehmen soll. So würden beispielsweise große Kapazitäten bei der Schleierfahndung oder bei der Auswertung der ausgeweiteten Videoüberwachung verbraucht, welche an anderer Stelle dringend gebraucht würden. Beispielsweise bei Wohnungsdurchsuchungen oder Abschiebungen von so genannten „Gefährdern“.

Nun ist es jedoch wichtig genau zu analysieren, ob diese Maßnahmen dazu beitragen, die Sicherheit zu fördern oder ob diese nur die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger einschränkt:

In Anbetracht der Kriminalstatistiken des BKA ist eindeutig festzustellen, dass die Kriminalität in Deutschland abgenommen hat. Die geplanten Änderungen führen jedoch dazu, dass die Menschen in dem Glauben bestätigt werden, dass die Sicherheit in Deutschland gefährdet sei und diese Maßnahmen notwendig seien. So führt das Gesetz nicht dazu, dass sich die Sicherheitslage in NRW maßgeblich verbessert, sondern Angst geschürt wird.

Hinzu kommt, dass die Schleierfahndung laut Amnesty International dazu führen kann, dass Menschen, die nicht „typisch deutsch“ aussehen, häufiger verdächtigt werden. Bei der Videoüberwachung werden pauschal alle Menschen unter Generalverdacht gestellt. Eine Kriminalisierung von Geflüchteten oder anderen Bevölkerungsgruppen muss unbedingt vermieden werden.

Schlussendlich kann man folgendes feststellen: Erstens versucht die Landesregierung das Bedürfnis der Menschen nach mehr Sicherheit anhand des Polizeigesetzes zu befriedigen. Die Maßnahmen die dadurch ergriffen werden, könnten die Möglichkeit bieten, den Menschen ein besseres Sicherheitsgefühl zu geben. Zweitens ist es jedoch fragwürdig, ob die Maßnahmen tatsächlich etwas zur Sicherheitslage in NRW beitragen, denn laut Kriminalstatistik ist die Kriminalität zum einen schon gesunken und zum anderen würden die geplanten Maßnahmen an der falschen Stelle greifen und die Kapazitäten der Polizei zusätzlich belasten. Drittens ist hervorzuheben, dass mehr Sicherheit immer dazu führt, dass Freiheit beschränkt wird. Auch bei den geplanten Änderungen des Polizeigesetzes in NRW werden Freiheitsrechte eingeschränkt und Sicherheit suggeriert. Deshalb muss im Zuge dieser fragwürdigen Funktionalität des Gesetzes „Freiheit statt Sicherheit“ gelten.