Ein Gastbeitrag meiner Schülerpraktikantin Pia Dost.

Besonders momentan wird das Thema rund um das sogenannte Turbo-Abitur beziehungsweise G8 und G9 immer wieder kontrovers diskutiert und auch der aktuelle Koalitionsvertrag von CDU und FDP bietet wieder einmal Anlass dazu, für und wider dezidiert zu betrachten und abzuwägen.

Immer wieder ist beispielsweise die Rede davon, dass man durch G8 als Schüler bzw. Schülerin die Möglichkeit hat, sich nach dem Abitur für ein sogenanntes Gap-Year zu entscheiden. Aber mit einem Schulabschlusses im Alter von 18 wissen die meisten ja noch gar nicht, was man mit seinem Leben eigentlich anfangen will und welche beruflichen Perspektiven man hat bzw. welche berufliche Laufbahn man einschlagen möchte. In manchen Fällen ist man sogar im Alter von gerade mal 17 Jahren mit der Schule fertig aufgrund einer Einschulung mit 5 Jahren. Schön und gut, aber dann?

Vielleicht steht einem die Welt zu diesem Zeitpunkt offen, aber was nützt uns eine Welt, die uns offen steht, wenn wir nicht wissen wie wir unser Leben in eben jener Welt gestalten wollen?

Außerdem wird häufig das Argument angeführt, dass das eine Jahr mehr oder weniger für das Abitur ja nichts zur Sache tue. Ich denke, ich spreche in diesem Falle nicht nur für mich sondern auch für viele andere Schüler und Schülerinnen, wenn ich feststelle, dass eben dieses eine Jahr sehr wohl eine große Rolle spielt und gerade zu entscheidend sein kann. Dabei sollte man berücksichtigen, dass davon beispielsweise abhängt, wie sich unser alltägliches Leben sowie unsere Freizeit gestaltet. Denn durch eben dieses Jahr weniger entsteht ein extrem hoher Stressfaktor, der für Unbeteiligte zunächst vielleicht überdramatisiert erscheinen mag, aber diesen Menschen kann ich nur raten, das ganze doch selber einmal auszuprobieren. Halten Sie sich 37 Wochenstunden, d.h. im Durchschnitt von 8 bis etwa 14:30 Uhr nicht nur der Schule auf, sondern versuchen Sie außerdem dem Unterricht aufmerksam zu folgen und während dessen Mittag zu essen, wenn die Zeit der Pausen es zulässt. Versuchen Sie sich im Anschluss noch produktiv und konzentriert mit einer bei Weitem nicht geringen Menge an Hausaufgaben auseinander zu setzen und dies nach einer Rückfahrt gegebenenfalls mit öffentlichen Verkehrsmitteln und damit verbundenen Verspätungen. Nicht selten steht dann abgesehen davon zusätzlich noch Lernen für diverse Klausuren an. Dass man sich bei einer solchen Alltagsgestaltung noch auf Freizeitaktivitäten konzentrieren und sich in außerschulischen Bereichen engagieren kann, ist daher eher selten.

Bei einem solchen Alltag scheint ein Gap-Year im Ausland zur Selbstfindung und Orientierung nun quasi als unausweichlich und notwendig.

Diejenigen, die aufgrund von G9 die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft gefährdet sehen und Angst haben, wir könnten nicht mit Ländern wie beispielsweise Frankreich – wo Stress und Druck in der Schule nichts Abnormales ist – mithalten, weil gerade junge Arbeitskräfte gefragt und essentiell sind, sollten sich zum Beispiel die Pisa Studie oder mehrere Studien der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bezüglich der Lernleistung anschauen. Mit besonderem Blick auf skandinavische Länder werden Sie dann feststellen, dass insbesondere Finnland trotz oder eben gerade wegen eines Bildungssystems ohne Stress und Druck durch Verzicht auf Überprüfungen hervorragend abschneidet.

Zudem können hierbei nicht nur die skandinavischen Länder als Vorbild dienen sondern auch Bundesländer wie Bayern oder Niedersachsen, die sich ebenfalls entschieden haben, zu G9 zurück zu kehren.

Daher lässt sich zusammenfassend sagen, dass eine Rückkehr zu G9 definitiv zu befürworten ist, um wirtschaftlichen Zukunkftspläne nicht auf dem Rücken von Schülern auszutragen, als auch da CDU und FDP ihr 2005/2006 eingeführtes Debakel nun endgültig wieder abschaffen können und somit die Chance haben, die Grundlage für einen qualitativ und quantitativ hochwertigen Lehrplan zu schaffen.

Obwohl ich in meiner Schulzeit nicht mehr davon profitieren werde, so ist es sicherlich der richtige Weg für nachfolgende Generationen. Und auch wenn ich keinen direkten Vergleich zum Bildungssystem von G8 habe, so wäre es jedoch anders wünschenswert, denn den Zustand, in dem sich die Schulen in Nordrhein-Westfalen befinden, sollte und kann man so nicht belassen.