Ein Gastbeitrag meines Praktikanten Alexander Gerken

Seit Beginn des Bürgerkriegs in Syrien ist das Thema Flüchtlinge wieder in das öffentliche Bewusstsein gelangt und hat zu kontroversen Diskussionen rund um die Einreise, die Asylgewährung und letztlich die menschenwürdige Unterbringung der vor Krieg und Elend Flüchtenden geführt. Meiner Auffassung nach haben wir, allein schon aufgrund dem in unserem Grundgesetz verankerten Menschen- und Weltbild, die Aufgabe, beziehungsweise die Pflicht, humanitäre Hilfe in dem Maß zu leisten, wie es uns, ohne die Benachteiligung der

eigenen Bevölkerung, möglich ist. Die große politische und wirtschaftliche Stärke Deutschlands auf der internationalen Ebene verpflichtet uns ebenfalls für die Einhaltung der Menschenrechte und den Erhalt des Friedens einzutreten und Benachteiligte zu schützen.

Führt man sich vor Augen, dass der Libanon mit circa 4,5 Millionen Einwohnern über eine Million Flüchtlinge aufgenommen hat1, ist es dringend notwendig, dass auch Deutschland und die anderen westlichen Industriestaaten den Flüchtlingen eine sichere Unterkunft bieten, bis sich die Situation in den Heimatländern wieder normalisiert.

In Syrien sind allein 3 Millionen Menschen geflohen, circa 6,5 Millionen Menschen wurden innerhalb des Landes vertrieben, womit beinahe die Hälfte aller Syrer auf der Flucht ist2.

Um diesen Menschen zu helfen, hat Deutschland bereits 550 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, davon 320 Millionen für humanitäre Mittel3. Die Menschen im Irak werden durch Hilfslieferungen der Bundeswehr unterstützt. Meiner Meinung nach, leistet Deutschland hier schon einen großen Beitrag, um die Situation der Flüchtlinge zu verbessern, die Bundesrepublik legt auf die Hilfe vor Ort allerdings auch ihren Schwerpunkt bei der Flüchtlingshilfe.4

Deutschland muss in Zusammenarbeit mit seinen Verbündeten neben dieser Hilfe, auch durch die Aufnahme von Flüchtlingen Hilfe leisten, da man vor Ort dem Diktat der Kriegssituation unterliegt und eine umfassende Hilfe in einem Krieg in dem auf nichts und niemanden Rücksicht genommen wird, eher schwer zu realisieren ist. Bei der Aufnahme von Flüchtlingen ist Deutschland zwar internationaler Vorreiter, vor allem die Notwendigkeit einer menschenwürdigen Unterbringung der Flüchtlinge in Deutschland limitiert aber oftmals die Aufnahme von weiteren Flüchtlingen oder zieht sie zumindest in die Länge. Da die Flüchtlingszahlen aber nicht abnehmen, sondern voraussichtlich eher steigen werden, ist es von hoher Priorität, dass Bund, Länder und Kommunen zusammen arbeiten.

Und in diesem Bereich stößt man in den Kommunen auf große Schwierigkeiten. In den vorhandenen Flüchtlingsunterkünften ist oft zu wenig Platz, es fehlt Geld, um neue Gebäude zu errichten und teilweise auch, um die Kinder angemessen zu betreuen, sei es in der Schule oder in der Freizeit.

Es müssen aber Wege gefunden werden, trotz der prekären Haushalte, die Lage zu verbessern. Nächtliche Unruhen in Flüchtlingsheimen und die jüngsten Vorkommnisse in Burbach im Siegerland machen ebenfalls klar, dass die zentrale Unterbringung in Massenunterkünften nicht die ideale Lösung ist und dass selbst von Seiten der Sicherheitskräfte Gefahren für die Flüchtlinge ausgehen.

Zunächst sollten viel mehr Kapazitäten in herkömmlichen Wohngebäuden und Gegenden erschlossen werden. Dies könnte dazu führen, dass die Flüchtlinge näher an die Gesellschaft heranrücken. Die Heime befinden sich nämlich oftmals in Industrie- oder an Randgebieten, was meist dazu führt, dass die Flüchtlinge gar keine Chance haben, in die Gesellschaft eingebunden zu werden, da sie von vielen nicht wahrgenommen oder absichtlich ausgegrenzt werden. Diese Ausgeschlossenheit führt natürlich auch seitens der Flüchtlinge dazu, dass sie sich von Beginn nicht akzeptiert fühlen und verständlicher Weise, keine Motivation aufbauen, in Kontakt zur Bevölkerung zu kommen, geschweige denn sich wohl zu fühlen.

Zudem würde man durch die Vergabe von Einzel- oder Familienwohnungen verhindern, dass sich die Menschen, die zum Teil aus unterschiedlichen und verfeindeten ethnischen Gruppen kommen, in den Flüchtlingsunterkünften gegenseitig belästigen oder gar angreifen. Schlussendlich würden separate Wohnungen auch die hygienischen Standards sicherstellen, die in überfüllten Unterkünften oft nicht gegeben sind und es gäbe mehr Platz für den einzelnen Menschen, dem bislang lediglich sechs Quadratmeter zustehen. Für Strafgefangene hat das Bundesverfassungsgericht alles unter einer Zimmergröße von 6 bis 7 Quadratmeter für menschenunwürdig erklärt5. Einem Flüchtling und ein Gefängnisinsassen steht also die gleiche Zimmergröße zu. Dies erscheint den Flüchtlingen gegenüber wenig angemessen.

Weiterhin wäre es sicherlich für die Situation der Flüchtlinge förderlich, wenn sie die Möglichkeit hätten, sich selbstständig eine Bleibe zu suchen. Bislang werden sie schlicht einer Kommune zugewiesen. Zwar sollen die Behörden auch weiterhin darüber in Kenntnis sein, wo die Flüchtlinge sich niederlassen. Die Möglichkeit der freien Wohnungswahl würde aber nicht nur mehr Freiheit und Selbstbestimmung und folglich auch mehr Würde für die Flüchtlinge bedeuten, auch die Behörden würden dadurch sicherlich entlastet. Flüchtlinge, die keine Wohnung finden oder die es bevorzugen die Zuweisung durch die Behörde in Anspruch zu nehmen, können ja weiterhin zugewiesen werden.

Problematisch ist für mich darüber hinaus die eingeschränkte Reisemöglichkeit der Flüchtlinge. Das Recht auf Reisefreiheit steht zwar nur Deutschen im Sinne des Grundgesetzes und Unionsbürgern zu, eine Ausweitung wäre aber sicherlich zweckdienlich. In den meisten Bundesländern ist die Reisemöglichkeit aber auf das Gebiet des Landes begrenzt, in Bayern und Sachsen können sich die Menschen lediglich innerhalb eines Regierungsbezirks bewegen. Würde man die Reisemöglichkeit auf das Gebiet der Bundesrepublik erweitern, gäbe es zum einen, in Verbindung mit einem gelockerten Wohnungswahlrecht, viel größere Möglichkeiten der Wohnungswahl. Zudem würde es die Selbstbestimmung der Flüchtlinge stärken und auch hier eine Stärkung der Menschenrechte bedeuten.

Wichtig erscheint es mir aber auch, dass den Menschen, die vor Krieg und Hunger fliehen mussten, psychologische Hilfe zugutekommt. Der Verlust der Wohnung und oftmals allen Hab und Guts, vielleicht auch von Familienangehörigen und Freunden, belastet die Flüchtlinge sehr, die schlechte Lage in den Flüchtlingsunterkünften macht dies sicherlich nicht besser. Die Zustände in denen sich die Flüchtlinge in Deutschland befinden, sind natürlich in keiner Weise mit den Zuständen in einem Kriegsgebiet zu vergleichen, angenehm sind sie für die Flüchtlinge aber sicherlich auch nicht.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass sich das Engagement Deutschlands in Syrien und mittlerweile auch im Irak auf einem guten Weg befindet. Die zur Verfügung Stellung von Logistik, Hilfsgütern und finanziellen Mitteln, stellt vor Ort eine gute Unterstützung dar. Allerdings darf dies nicht der größte Schwerpunkt der deutschen Flüchtlingshilfe sein. Deutschland und die anderen Industriestaaten haben im Vergleich zu den Nachbarstaaten der Krisenländer weit größere Kapazitäten um Flüchtlinge aufzunehmen und müssen sich dieser Verantwortung stellen.

Die Situation der Flüchtlinge, die sich bereits in Deutschland befinden, ist zudem stark ausbaufähig. Die Flüchtlinge haben kaum die Möglichkeit zur Selbstbestimmung, sie haben ihr Leben nach den strikten Vorgaben des Aufenthalt- und Asylrechts zu richten. Hier ist es an der Zeit den Menschen mehr Rechte einzuräumen, um eine menschenwürdigere Unterbringung und Versorgung sicherzustellen. Zudem werden dringend neue Unterkünfte benötigt, vor allem mit Blick auf die steigenden Flüchtlingszahlen. Und auch um die körperliche und psychische Verfassung muss sich in ausreichender Art und Weise gekümmert werden. Dies alles muss mit dem Ziel geschehen, die Menschen zu unterstützen und zu beschützen, bis sie in eine sichere und stabile Heimat zurückkehren können.

1 http://www.sueddeutsche.de/politik/verheerende-entwicklung-mehr-als-eine-million-syrische-fluechtlinge-im-libanon- 1.1928348
2 http://www.uno-fluechtlingshilfe.de/informieren/aktuelles/aktuelles-details/article/syrien-drei-millionen- fluechtlinge.html

3 http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Aktuelle_Artikel/Syrien/121018-SYR- HumanitaereHilfe_node.html
4 http://www.bmi.bund.de/DE/Themen/Migration-Integration/Asyl-Fluechtlingsschutz/humanitaere- aufnahmeprogramme/humanitaere-aufnahmeprogramme_node.html

5 http://www.welt.de/politik/deutschland/article12749120/Zu-kleine-Zellen-verstossen-gegen-die-Menschenwuerde.html